Tragödie im Bündner Oberland

Letzten Samstag stürzten tagsüber 71 Schafe eine Felswand hinunter, 43 fanden dabei den Tod, etliche sind verletzt. Passiert auf einer Alp in der oberen Surselva. Der SRF Beitrag zum Unglück titelt „Schafe stürzen auf Bündner Alp in den Tod – war’s der Wolf? „. Wie wäre es, „Ockham’s Rasiermesser“ anzuwenden, um sich solche sinnlosen Fragen zu ersparen?

1. Es wurden mehrere Wölfe – höchstwahrscheinlich vom Stagiasrudel, das in dieser Gegend sein Unwesen treibt – vor Ort beobachtet,
2. eines der angegriffenen Schafe wies typische Wolfsbissspuren auf, und
3. das Stagiasrudel ist dafür bekannt, dass es Herdenschutzmassnahmen umgeht, und gerne auch mal tagsüber Jagd auf Schafe macht.
4. Beute in den Abgrund zu treiben ist eine Jagdtechnik von Wölfen (Gunn et al. 2006).

Die Sache ist also mehr als eindeutig: natürlich sind Wölfe verantwortlich für den Tod der 43 Schafe. SRF legt dann noch viel Wert darauf, dass die Bauern ja entschädigt werden. Und natürlich kommt wieder diese Besserwisserei mit dem Herdenschutz. Dabei ist doch längst bekannt, dass dieser auf ganzer Linie versagt. Und dass Geld diesen Horror nicht aus der Welt schaffen kann. Schade, dass die Medien nicht bereit sind, über das Wolfsdesaster in seinem ganzen Ausmass zu berichten, ehrlich, neutral und umfassend. Das würde auch in der Politik etwas bewegen, um endlich die Qualen von Mensch und Haustier zu beenden. Wenigstens wurde nicht wieder so ein unsinniges Statement der notorischen Wichtigtuer von GWS und Konsorten eingebaut … schon mal ein Fortschritt für SRF.

Referenz

Gunn, A., et al., 2006, A near-total decline in caribou on Prince of Wales, Somerset, and Russell Islands, Canadian Arctic. Arctic 59:1 – 13.

PS: In den sozialen Medien und Zeitungskommentaren melden sich einmal mehr selbsternannte Experten zu Wort. Nein, nein, der Wolf kann es nicht gewesen sein. Mit aberwitzigen Thesen kommen diese Leute daher. Blitz und Donner, oder Wanderer hätten den Schafen einen Schreck eingejagt. Oder ein Leitschaf hätte die 71 Schafe in den Abgrund geführt. Halt der übliche Unsinn von Leuten, die weder eine Ahnung vom Verhalten der Schafe, noch der Wölfe haben. Und die nie die Konsequenzen der von ihnen gewollten Wolfsmisere zu spüren bekommen werden.

UPDATE 20.11.22

Seit der Tragödie mit den 71 Schafen sind knapp fünf Monate vergangen. Skandalös: der Fall ist weder aufgeklärt, geschweige denn gesühnt.
Am 29.6.22, wenige Tage nach unserem Beitrag, publizierte das Bündner Amt für Jagd und Fischerei eine kurze Meldung. Auch sie gehen davon aus, dass Wölfe Schuld an dem Unglück tragen. Zum Zeitpunkt des Vorfalles waren zwei Wölfe des Rudels besendert. Damit wäre die Frage doch schnell beantwortet, wo sie sich zur fraglichen Zeit befanden.

Warum veranstaltet das Amt eine derartige Geheimniskrämerei? Um die Regulierung der Wölfe zu vereiteln? Das ist ja nicht der einzige Fall, wo Abschüsse nicht stattfinden, obwohl alle Voraussetzungen dafür erfüllt sind.

6 Comments

  1. Christoph said:

    Das Statement des SRF zur Entschädigung der Bauern, ist faktisch ein Geständnis, dass der Wolf der Verursacher war.

    Aber klar ist, bei sovielen toten Tieren, wird die Wolfslobby versuchen mit allen Mitteln ihr angebetetes Ökowundertier von Schuld freizusprechen.
    Dass die Schafe allesamt tot sind, spielt keine Rolle, wenn es dem Wolf nicht zu 100% nachgewiesen werden kann.

    28. Juni 2022
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    • anna said:

      Mich schockiert dieser Zynismus gegenüber den Tierhaltern und den elend zu Tode gekommenen Schafen.

      30. Juni 2022
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  2. Annette Vieli said:

    Der Hohn gipfelt wiedermal in der Berichterstattung der rasenden Wolfsreporterin Ursina von der SO. Diese titelt: In Panik in die falsche Richtung gerannt…
    Die nächste Stufe im Allheilsherdenschutz wäre wohl, Schafe zu züchten, die in Panik in die richtige Richtung rennen..

    29. Juni 2022
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    • anna said:

      Das empfinde ich auch als übel, dass einige Journalisten ihre Position missbrauchen. Sie haben mich da gerade auf eine Cartoon-Idee gebracht.

      30. Juni 2022
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  3. Christoph said:

    Schockierend ist auch wie von der Wolfslobby der betroffene Mensch übergangen wird und in deren technokratischer Debatte kaum vorkommt.
    Sobald die Wolfsbefürworter ihrem Wundertier die Absolution erteilt haben, wird der „Vorfall“ mit eisiger Kälte abgehakt.
    Dass der Tierhalter sehr verzweifelt ist, ob x-toter Tiere, scheint belangslos, Hauptsache der Wolf wurde nicht als Täter überführt.

    30. Juni 2022
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    • Guido Walker said:

      „der Wolf“ existiert nicht – immer in der MEHRZAHL WÖLFE schreiben ✍️, sprechen 🗣 und denken 💭 !!!
      PS: Wolf in der Einzahl ist ein sehr häufig eingesetztes Stilmittel der VERHARMLOSUNG durch Wolfslobby, Medien und Politik.

      Tipp: Sogar dann wenn es nur ein einziger war, kann man „einer der WÖLFE“ verwenden

      1. Juli 2022
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