Ende Januar 2022 publizierte KORA ihren Bericht Nr 105 (Vogt et al. 2022), mit dem Titel „Wirksamkeit von Herdenschutzmassnahmen und Wolfsabschüssen unter Berücksichtigung räumlicher und biologischer Faktoren.“ Das rund 40 Seiten umfassende Dokument enthält auf den ersten Seiten eine Zusammenfassung, und ganz am Schluss ein Fazit. Die SDA-Meldung zum Bericht besteht aus lauter sorgfältig ausgewählten Sätzen, die wortwörtlich entweder aus der Zusammenfassung oder dem Fazit stammen.
Was dem oberflächlichen Leser verborgen blieb
Kein einziger Journalist hat offenbar den Bericht selber durchgelesen, und geprüft, ob der SDA-Text zutreffend und vollständig ist. Die wirklich brisanten Resultate sind nämlich unscheinbar, irgendwo inmitten des 40-seitigen Dokumentes gut „versteckt“. Man findet sie bloss, wenn man alles von A bis Z genau durchliest. Aber das lohnt sich. Denn der Bericht hat folgende bemerkenswerte Resultate zu bieten.
Elektrozäune unwirksam
KORA bestätigt im Bericht, dass keine Herdenschutzmassnahme die Wölfe davon abhält, eine Herde anzugreifen. Elektrozäune schützen also definitiv nicht vor Übergriffen, und die Weidetierhalter wurden zu Unrecht beschuldigt.
Herdenschutzhunde nützen wenig
Im Bericht wird zwar behauptet, dass der Einsatz von Herdenschutzhunden (HSH) die durchschnittliche Anzahl Risse erheblich reduziere. Allerdings dokumentiert der Bericht auch, dass die verwendeten Daten unvollständig und nicht aktuell sind. Die Überprüfung legt vielmehr den Verdacht nahe, dass die Ergebnisse aufgrund der Auswahl von Daten zu gut ausgefallen sind. Man erinnere sich, dass bereits Agridea mit geschönten Risszahlen operiert hat. Wenn man das auch im vorliegenden Bericht korrigiert, ist die tatsächliche Wirksamkeit der HSH gleich schlecht, wie in den korrigierten Berichten von Agridea, bzw. die Schweiz schneidet hier keineswegs besser ab, als z.B. Frankreich, wo man zwanzig Jahre mehr Erfahrung hat mit dem Problem.
Abschüsse unvermeidlich
KORA stellt im Bericht bemerkenswerterweise selber fest, dass Abschüsse unvermeidlich sind. Zitat: ein toter Wolf macht keine Schäden. Es wird zwar im Bericht noch etwas herumphilosophiert über Einzelwölfe, wofür es aber keine glaubwürdigen Belege gibt.
Details dazu sind hier nachzulesen:
Wie weiter?
Trotz grossen Anstrengungen beim Herdenschutz wurden hierzulande in den Jahren 2020 und 2021 insgesamt 1’775 Weidetiere von Grossraubtieren getötet. Was schon lange erwiesen ist, hat nun endlich auch KORA bestätigt: es gibt keinen Schutz vor Wolfsattacken auf Weidetiere. Auch HSH verhindern die Angriffe nicht. Die Weidetiere sind den Wölfen – einer Art, die noch nie vom Aussterben bedroht war – schutzlos ausgeliefert.
Der einzige Ausweg aus diesem Desaster ist der, den schon unsere Vorfahren gewählt haben: die Entfernung aller Grossraubtiere aus unserer Kulturlandschaft. Wann handeln die Verantwortlichen endlich ?
Bemerkung für die Wolfsfreunde: In der Natur verteidigt jede Spezies ihren eigenen Lebensraum – auch die Wölfe. Unerwünschte Eindringlinge werden vehement bekämpft, getötet oder vertrieben. Dies nicht zu tun, ist unnatürlich und dekadent.
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